Ein erster Entwurf des Notfunk-Konzeptes für lizenzfreie Funkanwendungen soll hier mal die Diskussion zum Thema eröffnen. Es soll Anregungen für den Aufbau eines Notfunk-Netzes in der eigenen Region liefern. Natürlich werden immer regionale Besonderheiten berücksichtigt werden müssen, aber ein tragfähiges Grundgerüst sollte nach einiger Zeit hier entstehen können.
Der Focus des T-Day beim Thema Notfunk mit lizenzfreien Funkanwendungen liegt vor allem auf der Organisation dezentraler Selbsthilfe der betroffenen Bevölkerung bei schweren Katastrophen.
Von den drei Säulen des Notfunk, wie der Deutsche Amateur Radio Club (DARC), den Notfunk unterteilt, liegt unser Augenmerk auf der dritten Säule, die vom DARC ein wenig vernachlässigt wird. Zum sogenannten Welfare Traffic, wie die dritte Säule bezeichnet wird, schreibt der DARC lediglich:
„Welfare Traffic lässt sich schlecht planen, und das soll er auch nicht. Welfare Traffic wird sich in der Schadenslage völlig automatisch entwickeln, um Absprachen untereinander zu treffen oder Nachrichten für Dritte (z.B. mit Informationen von und für Angehörige) zu übermitteln. Wie es der Begriff “Welfare” schon ausdrückt, handelt es sich um die persönliche Fürsorge.“
DARC Referat Notfunk
Zum Teil wird das auch stimmen: Der Traffic wird sich automatisch entwickeln und Informationen werden irgendwie ausgetauscht. Ein wenig Organisation, um diesen Bereich effizienter zu nutzen, kann aber sicher nicht schaden.
Um die Bevölkerung in solchen Lagen effizient unterstützen zu können, bedarf es einiger Vorbereitung. Dazu gehört:
- Aufbau eines Netzes von Funkstationen, die Nachrichten innerhalb eines größeren Schadensgebietes, insbesondere aber auch aus diesem heraus transportieren können.
- Parameter für Notfunk-Eignung von Funkgeräten festlegen oder vorhandene Übernehmen
- Erarbeitung eines Konzepts zur Registrierung und Führung von Spontanhelfern.
- Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen und Behörden.
- Sensibilisieren der Bevölkerung zum Thema Selbsthilfe bei Katastrophen.
- Information der Bevölkerung über die Möglichkeiten des Einsatzes lizenzfreier Funkgeräte.
- Einbeziehung der Bevölkerung in regelmäßige Übungen.
Aufbau eines Netzes
Um während einer schweren Katastrophe in der Lage zu sein, die Bevölkerung effizient zu unterstützen ist ein Netz von Funkstationen, die sich untereinander verlässlich erreichen können, unabdingbar. Der Einsatz autarker CB-Funk- oder Amateurfunkstationen ist hier sicher, was die Reichweite anbelangt, von Vorteil.
Zusätzlich können Anlagen errichtet werden, die die Kommunikationsfähigkeit der Bevölkerung untereinander verbessern. Denkbar wären autarke PMR446- oder CB-Funk-Relais, Crossband-Repeater (PMR446/Freenet) und natürlich auch Amateurfunk-Relais.
Notfunk-Sprache lernen
Natürlich gibt es keine “Notfunk-Sprache”, aber eine Vorschrift für die Abwicklung des Funkverkehrs der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), die 1977 vom damaligen Bundesamt für Zivilschutz herausgegeben wurde. Hier wird geregelt, auf welche Weise Funkstellen der BOS miteinander kommunizieren. Diese Vorschrift, die KatS-Dv 810, wurde zwar bereits 1997 durch das Gesetz zur Neuordnung des Zivilschutzes (ZSNeuOG) außer Kraft gesetzt, bildet aber immer noch die Grundlage aktueller angepasster Dienstvorschriften von Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen.
Eine für den zivilen Notfunk angepasste Version dieser KatS-Dv 810 könnte die Grundlage bilden für die Abwicklung der Kommunikation innerhalb des regionalen Notfunk-Netzes und es vereinfachen, Informationen an BOS weiterzuleiten, weil man dann die selbe Sprache spricht und sich gegenseitig besser verstehen würde.
Parameter für Notfunk-Eignung von Funkgeräten festlegen
Bevor es weitergeht, sollte man sich darauf einigen, welche Kanäle und Frequenzen wofür genutzt werden sollen. Da man beabsichtigt, die Bevölkerung gewissermaßen ganz neu zu informieren, muss man sich nicht unbedingt an überlieferte “Normen” halten. Zum einen ist es sicher gut, bereits vorhandene und praktizierte Vorgaben zu übernehmen, anderseits hat man natürlich auch den Vorteil, diese vor der Verbreitung nochmal auf ihre Sinnhaftigkeit zu untersuchen.
Da gibt es zum Besipiel Empfehlungen wie:
Auf CB-Funk Kanal 1 (FM) als Anrufkanal für “normalen” Funkverkehr zu nutzen, Kanal 3 für Notfunk ohne Lebensgefahr und Kanal 9 (AM/FM) für Notrufe bei Lebensgefahr. Damit nicht genug: Kanal 15 (SSB) soll Anrufkanal bei “normalem” Funkbetrieb und Kanal 33 (SSB) bei Notfunk ohne Lebensgefahr sein.
Bei Freenet und PMR446 ist es dann nicht mehr ganz so kompliziert. Hier soll jeweils Kanal 1 für Notrufe bei Lebensgefahr und Kanal 3 für Notfunk ohne Lebensgefahr Verwendung finden.
(siehe: Notfunk-Frequenzen/Kanäle)
Viel zu kompliziert für Notfunk
Für den Aufbau eines zukünftigen Notfunk-Konzepts würde ich diese Empfehlungen gleich vergessen. Niemand kann sich das merken und schon gar nicht in einer Notsituation daran erinnern. Mit den obigen Empfehlungen müssten permanent 9 (!) Kanäle abgehört werden. Das bedeutet einen zusätzlichen zeitlichen und personellen Aufwand. Notfunk und seine Regeln müssen für den Hilfesuchenden einfach und merkbar sein.
Deshalb plädiere ich für die Anwendung der 3-er-Regel, wie ich sie bereits recht ausführlich im Beitrag Channel 3 for Emergency erläutert habe. Eine einfache klare Regel, die sich jeder merken kann “Sei dabei auf Kanal 3”, kann man sich einfach merken. Egal, welche Funkanwendung ich vor mir habe (ein Laie wird nicht auf Anhieb den Unterschied zwischen PMR446-, Freenet- oder CB-Funk-Gerät erkennen und dann noch wissen, auf welchen Kanal er schalten soll). Letztendlich wird jeder Kanal, auf dem ein Notruf empfangen wird automatisch zum Notrufkanal.
Sicher gibt es auch hier regionale Besonderheiten zu berücksichtigen, aber ein Gast der Region wird diese nicht kennen, so dass es durchaus sinnvoll sein kann, diese weithin bekannten Regeln in das eigene regionale Notfunk-Konzept einfließen zu lassen.
Konzept zur Registrierung und Führung von Spontanhelfern
Bevor die Bevölkerung sensibilisiert und informiert wird und Behörden und Hilfsdienste angesprochen werden können, sollte ein Konzept erarbeitet worden sein, das regelt, wie Spontanhelfer registriert und geführt werden können. Die Annahme geht davon aus, dass sich Freiwillige über Funk (CB, PMR446, Freenet oder auch Amateurfunk) melden und ihre Hilfe anbieten. Aber auch Freiwillige, die direkt an den Leuchttürmen oder Infopoints erscheinen sollten berücksichtigt werden.
Zur rechtlichen Absicherung von Spontanhelfenden ist es sinnvoll, sich zum Thema Verwaltungshelfer und Mittlerorganisation zu informieren. Die Infobroschüre „Spontanhilfe im Einsatz“ des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hält dazu einige nützliche Informationen bereit und ist dort kostenfrei zu bestellen aber auch als PDF-Datei ladbar.
Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen und Behörden
Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz, Malteser, Johanniter, Arbeiter Samatiter Bund, die Feuerwehren und auch die Kommunen haben Vorkehrungen getroffen, im Katastrophenfall der Bevölkerung zu helfen. Unter anderem werden sogenannte Katastrophenleuchttürme und Infopoints eingerichtet, wo die Bevölkerung Informationen zur aktuellen Lage und verschiedene Hilfen erhalten soll.
Sobald ein verlässliches autarkes Netz an Funkstationen und ein Konzept zur Registrierung und Führung von Spontanhelfern existiert, sollte die effektive Weiterleitung von Notrufen sichergestellt werden. Da es weder im lizenzfreien noch im Amateurfunk eine Schnittstelle zum Funk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) gibt, ist es notwendig hier Schnittstellen aufzubauen. Eine Möglichkeit stellt der Aufbau einer Funkstation in der Nähe oder direkt in einem Infopoint oder KatLeuchtturm, der mit BOS-Funk ausgestattet ist, dar. Eintreffende Notrufe können dann direkt weitergeleitet werden. Hierzu sind entsprechende Absprachen im Vorfeld wichtig.
Bevölkerung sensibilisieren und informieren
Wenn alles getan ist, also das Netz aus Funkstationen steht und der Kontakt zu Behörden und Hilfsdiensten entstanden ist, kann, auch gemeinsam mit diesen, die Bevölkerung darüber informiert werden, dass auch bei einem kompletten Zusammenbruch der Kommunikationsinfrastruktur und des Stromnetzes Hilfe zur Verfügung steht. Um diese Hilfe nutzen zu können, können sie bereits vorhandene Funkgeräte (PMR446, Freenet, CB-Funk) einsetzen oder sich für wenig Geld eines zulegen. Entsprechende Empfehlungen sollten bereits erarbeitet worden sein.
Mehrwert für den Alltag vermitteln
Da viele Menschen dazu neigen, die Augen vor möglichen Gefahren zu verschließen, wird man auch auf gewisse Widerstände stoßen, wenn man das Thema Notfunk in den Vordergrund stellt, sich ein oder mehrere Funkgeräte anzuschaffen. Wenn es allerdings im Alltag nützlich ist und darüber hinaus auch in einer Notsituation verwendet werden kann, dann hat man sicher bessere Chancen, die Idee zu verbreiten.
Funkgeräte (PMR446 und Freenet) eignen sich hervorragend bei Familienausflügen. Man muss nicht immer auf Sichtkontakt beieinander bleiben und ist dennoch immer erreichbar. Funkgeräte erleichtern die Vorbereitung größerer Feiern, Festen und können während diverser Veranstaltungen hilfreich sein. Auch wenn die Gartenkolonie ihr Frühjahrs- oder Sommerfest feiert, kann man die Kinder spielerisch an den Umgang mit Funkgeräten gewöhnen. Über eine Schatzsuche oder Schnitzeljagd, bei der die Kinder zu vorher ausgewählten Parzellen gehen müssen, wo sie vielleicht eine Schatzkarte finden, die sie der Einsatzleitung per Funk melden müssen, um dann weitere Instruktionen für das nächste Ziel zu erhalten, erlernen sie spielerisch den Umgang mit Funkgeräten, sind sinnvoll beschäftig und erkunden außerdem ihre Umgebung.
Wenn es gelingt, den Spaßfaktor und einen gewissen Alltagsmehrwert zu vermitteln, dann kann das Thema Notfunk als zusätzlicher Nutzen interessant werden. Damit auch die Großen eine spielerische Erfahrung machen, sollten regelmäßige Übungen in der Region stattfinden.
Weitere Möglichkeiten werde ich sammeln und an gesonderter Stelle veröffentlichen – Anregungen sind in den Kommentaren oder als Mail jederzeit willkommen.
Einbeziehung der Bevölkerung in (Notfunk-)Übungen
Wenn die Feuerwehr oder eine Hilfsorganisation in der Region eine Übung veranstaltet, könnte nun auch immer die Bevölkerung mit einbezogen werden. Im Vorfeld informieren und dann während der Übung einfach die obige Struktur aufbauen und loslegen.
Außerhalb größerer Übungen lässt sich, wie immer, der Termin des T-Day nutzen, um die eigene Geräte und deren Reichweite zu testen und neue Mitstreiter kennen zu lernen.
Das klingt sehr gut !! Nur die Bevölkerung muss überzeugt werden was sehr schwer ist im Moment Ich werde noch zu oft belächelt 😔 !!
Visionäre wurden oft nicht ernst genommen 😉
Gerade deshalb halte ich es für wichtig, dass diese Punkte als erstes stehen müssen, bevor die Bevölkerung einbezogen wird, weil man dann etwas anzubieten hat.
-Aufbau eines Netzes von Funkstationen, die Nachrichten innerhalb eines größeren Schadensgebietes, insbesondere aber auch aus diesem heraus transportieren können.
– Erarbeitung eines Konzepts zur Registrierung und Führung von Spontanhelfern
– Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen und Behörden.
Wenn Du jetzt zu jemandem gehst und ihm zeigst, wie sinnvoll er sein Funkgerät einsetzen könnte, wenn es notwendig ist, dann besteht wohl eher die Chance, dass er sich eines zulegt.
Das gleiche gilt für die Ansprache von Behörden und Hilfsorganisationen. Sie müssen einen Mehrwert erkennen, wenn sie Dich (also die Notfunkvereinigung) integrieren. Wenn Sie auf ein bestehendes Netz von autarken Funkstationen zugreifen könnten, die ein größeres Gebiet zuverlässig abdecken können, besteht auch hier eine bessere Chance ernst genommen zu werden. Immerhin könnte die Funkstation, die in einem KatLeuchtturm aufgebaut wird auch andere Aufgaben übernehmen und Helfer werden sicher immer gesucht. Außerdem ist es für das Konzept, die Bevölkerung bei der Organisation von Selbsthilfe mit dem o.g. Funknetz zu unterstützen nicht unbedingt erforderlich auch mit Behörden zusammenzuarbeiten. Das dient im Wesentlichen der leichteren / schnelleren Weiterleitung von Notrufen und könnte den Einrichtungen bei ihrer Arbeit, durch Übernahme entsprechender Aufgaben, helfen.
Aber natürlich wird man, immer wieder auf Widerstände stoßen. Wer nicht will, der hat halt schon oder muss sich selbst kümmern 😉
Habe es mir mal für September in den Kalender eingetragen. Schauen, ob ich etwas höre.
Danke im Voraus!