Schaut man sich zum Thema Notfunk im Allgemeinen oder zum Thema Bürgernotfunk im Besonderen um, scheint es im Wesentlichen darum zu gehen, Notrufe weiterzuleiten. Funkamateure wollen das über möglichst weite Strecken und dabei noch den Behördenfunk unterstützen oder sogar ersetzen.
Die Idee des Bürgernotfunks ist etwas bescheidener und gibt sich mit kürzeren Entfernungen zufrieden, hofft dabei aber auf eine möglichst große Verbreitung und die daraus resutlierende Wahrscheinlichkeit, dass man sich trotz bekannter Inkompatibilitäten dann doch irgendwie verständigen kann. Das reicht nicht!
Beim Notfunk mit lizenzfreien Funkanwendungen (PMR446, Freenet und CB-Funk) kann es nicht ausschließlich darum gehen, Notrufe an die, bei den angenommenen Katastrophenlagen, überforderten Einsatzkräfte weiterzuleiten. Dort gibt es sicher keine freien Kapazitäten, wie das auch schon vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ganz richtig erkannt und in ihrem Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen erwähnt wird. Da heißt es nämlich in der Einleitung:
“… Bei einer großflächigen und sehr schweren Katastrophe können die Rettungskräfte nicht überall sein. Wenn Sie sich und ihren Nachbarn selbst helfen können, sind sie klar im Vorteil. Es kommt dann auf jeden Einzelnen an.”
Hilfe Organisieren mit lizenzfreien Funkgeräten
“Wenn Sie sich und Ihrem Nachbarn helfen können, sind Sie klar im Vorteil”, sagt das BBK. Und genau hier kann der Bürgernotfunk, der Notfunk mit lizenzfreien Funkanwendungen, hilfreich sein.
Haben Sie die Telefonnummern all Ihrer Nachbarn im Umkreis von einigen hundert Metern? Wenn nicht, könnten Sie, selbst wenn während einer Katastrophenlage die Telefone noch funktionieren sollten, diese also auch nicht erreichen. Mit Funkgeräten hingegen benötigen Sie keine direkte Durchwahl. Sie rufen auf einem vorher festgelegten Kanal hinein, fragen nach Hilfe oder bieten Ihre eigene an, erkundigen sich nach der aktuellem Lage oder geben Hinweise zu dieser. Alle, die ihr Funkgerät auf der gleichen Frequenz eingeschaltet haben und sich in Reichweite befinden, können Ihren Funkspruch empfangen und darauf reagieren. Auch wenn es gelingt, relativ viele Bürger davon zu überzeugen, sich ein Funkgerät anzuschaffen, wird sicher nicht jeder eines haben. Das ist auch nicht notwendig. Im Gegenteil. Wenn jeder ein Funkgerät besitzen und im Ernstfall einschalten und darauf los funken würde, entstünde ein nichtbeherrschbares Chaos, so dass die Organisation einer Selbsthilfe dadurch eher erschwert würde. Wenn vielleicht in jedem zehnten Haus ein Funkgerät zur Verfügung stehen würde, wäre das sicher schon ausreichend, um Informationen über eine größere Fläche zu transportieren. Niemand müsste allzu weit laufen, um jemanden zu finden, der eine Meldung weiterleiten kann.
Dezentrale Organisation von Selbsthilfe
Bei einer großflächigen und schweren Katastrophe, ist erstmal jeder auf sich selbst gestellt und muss Hilfe mit seinen Nachbarn organisieren, nur so kann die Zeit überbrückt werden, bis professionelle Hilfe eintrifft.
Ein Notfunk-Konzept sollte also die Organisation der dezentralen Selbsthilfe in den Fokus stellen und eine Zusammenarbeit mit KatLeuchttürmen und Informationspunkten vorsehen. Dazu sind Verabredungen, was die Geräte- und Kanalwahl betrifft, ebenso wichtig, wie ein Konzept der Registrierung von freiwilligen Spontanhelfern und der Organsiation von Hilfe. Einiges wird sich sicher spontan ergeben, aber vieles muss auch im Vorfeld vorbereitet werden. Ganz besonders die Schnittstellen zu Feuerwehr, Hilfsorganisationen und Krisenstäben etc. müssen bekannt und einsatzfähig sein.
Auch regelmäßige Übungen sind wichtig, damit Laien, die sich für den o.g. Zweck ein Funkgerät zulegen, dieses auch testen und ggf. anpassen (lassen) können.
Mehrere Funkkreise
Wenn wir hier von lizenzfreien Funkanwendungen sprechen, sind damit in Deutschland die Anwendungen PMR446, Freenet und CB-Funk gemeint. Jede Anwendung arbeitet in einem anderen Frequenzbereich. Geräte unterschiedlicher Anwendungen können nicht miteinander kommunizieren. Schon aus diesem Umstand ergibt sich die Notwendigkeit, verschiedene Funkkreise einzurichten.
Für den Nahbereich, innerhalb einiger hundert Meter in bebauten Gebieten und vielleicht 1-2 Kilometern in offenem Gelände eignen sich die PMR446 Handfunkgeräte noch. Teams, die sich bereits im Vorfeld verabredet haben, in Krisensituationen Selbsthilfe zu organisieren oder dabei mitzuwirken, entscheiden sich vielleicht für Freenet-Geräte, die im 2-Meter Band betrieben werden. Durch die höhere erlaubte Sendeleistung von 1 Watt (0,5 Watt bei PMR446) und der etwas geringeren Dämpfung durch Gegenstände (Gebäude, Bäume, etc.) eignet sich diese Funkanwendung sehr gut für diesen Einsatz. Will man allerdings deutlich größere Entfernungen überbrücken, kommen nur CB-Funkgeräte in Betracht. Durch die Möglichkeit externer Antennen und verschiedener Betriebsarten (z.B. SSB mit max. 12 Watt Sendeleistung) können auch größere Entfernungen überbrückt werden. Dabei kann man von 20-30 Kilometern ausgehen. Deutlich größere Entfernungen sind bei guter (Höhen-)Lage ebenfalls möglich.
Funkamateure können weitere Funkkreise bedienen. Durch die Nutzung weiterer Frequenzbänder und deutlich höherer Sendeleitungen, sind Deutschland- und Europaweite Verbindungen realisierbar.
Funkkreise miteinander verbinden
Um im Ernstfall effektiv helfen zu können, müssen all diese Funkkreise miteinander verknüpft werden. Es muss also Schnittstellen geben, wo gleichzeitig mehrere Anwendungen bedient werden. So könnte man sich vorstellen, dass eine CB-Funkstation ebenfalls ein Freenet- und/oder ein PMR-Gerät vorhält und diese(s) bedient. So können Informationen von einem zum anderen Funkkreis übermittelt werden. Steht diese Station zum Beispiel an oder in einem KatLeuchtturm, können dort ebenfalls Informationen / Notrufe an Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), also Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen, weitergegeben oder von dort erhaltene Meldungen weiterverbreitet werden.
Funkkreise ließen sich auch mit sogenannten Crossband-Repeatern verbinden. Dabei würden zum Beispiel über PMR446 aufgefangene Funksignale automatisch parallel im Freenet ausgesendet und umgekehrt. Neben de, Verbinden zweier Funkkreise ließe sich damit auch die Reichweite erhöhen, wenn dieser Repeater an erhöhter Position aufgebaut wäre. Solche Repeater lassen sich relativ einfach und bezahlbar realisieren. Mit dem Surecom SR-629 2 in 1 Duplex-Crossband-Repeater kann sowas z.B. schnell realisiert werden.
Die Vision zum Bürgernotfunk
Aber jetzt zur eigentlichen Vison. Zur Vorstellung, wie es in der einen oder anderen Region oder sogar in allen Regionen Deutschlands aussehen könnte.
Um sich auf eine eventuelle Krisensituation vorzubereiten, finden sind interessierte Bürger in ihren jeweiligen Gemeinden, Kreisen und Städten zusammen und reden darüber, wie sie lizenzfreie Funkanwendungen in ihr Bevölkerungsschutzkonzept sinnvoll integrieren können. Als erstes statten sie bereits vorhandene oder geplante KatLeuchttürme mit Funktechnik aus. Da wäre als erstes die CB-Funkanlage mit ordentlicher Außenantenne und autarker Stromversorgung. Mindestens eine Kiste mit 6 Handfunkgeräten, die im Freenet arbeiten, um freiwillige Helfer, die sich vor Ort melden, mit einer Kommunikationsmöglichkeit auszustatten. Darüber hinaus könnten auch weitere PMR446 Geräte vorgehalten werden, die bei Bedarf an die Bevölkerung verteilt werden, damit diese in ihrem Ortsteil oder Kiez die Selbsthilfe organisieren oder aufrecht erhalten können.
Auch an vorhandenen oder geplanten Infopunkten können Funkgeräte bereitgehalten werden, um sie bei Bedarf zu verteilen. Auch an jedem Infopunkt sollte eine CB-Funkanlage betrieben werden, die zum einen die Verbindung zum zugehörigen KatLeuchtturm aufrecht erhalten aber auch eingehende (Not-)Rufe entgegennehmen kann.
Der eine oder andere wird sicher einwenden, dass KatLeuchttürme und Infopunkte sicher über BOS-Funk verfügen. Das mag sein, aber sind es auch genug, um sie an Spontanhelfer zu verteilen oder sogar an die Bevölkerung? Und da wohl kaum jemand auf die Benutzung analoger oder digitaler BOS-Funkgeräte eingewiesen ist, wäre das sicher nicht sehr hilfreich.
Ein Freenet-Gerät lässt sich da schnell erklären. Wähle hier Kanal drei, schalte hier das Gerät ein und drücke auf diese Taste, bevor Du einen Funkspruch senden möchtest. Danach Taste wieder loslassen und auf Antwort warten. Das kann man ein, zwei mal über und dann sollte das halbwegs klappen.
Je nach dem, wie gut und umfangreich mal sich auf eine derartige Situation vorbereitet hat, kann es natürlich auch ein wenig komplizierter sein. Verschiedene Kanäle könnten verschiedene Funktionen haben und vielleicht hat man sich im Vorfeld auf bestimmte Rufzeichen geeinigt. Das sollte dann in Schriftform festgehalten und dem Funkgerät beigelegt werden.
Aber genau hier liegt die Herausforderung. Bereits im Voraus muss in einem Kommunikationsplan festgelegt werden, wer wie erreichbar ist und wie Nachrichten ggf weitergeleitet werden.
Im Notfall muss die Technik, die man nutzen möchte, funktionieren und auch bedient werden können. Deshalb ist es wichtig, die Geräte, die man dann nutzen möchte in Schuss zu halten und mit ihnen vertraut zu sein. Neben regelmäßigen Übungen, sollten die Geräte auch in der Freizeit genutzt werden. PMR446- und Freenet-Geräte kann man zu Wanderungen und Radtouren mitnehmen. So können alle Teilnehmer in Verbindung bleiben, ohne immer dicht beieinander bleiben zu müssen. Auch zum Einkaufen, auf Messen oder anderen Veranstaltungen kann man, diese Geräte mitnehmen und so in Kontakt bleiben. Vielleicht lassen sich sogar neue Kontakte knüpfen.
Der Leitfaden Selbsthilfebasen von Herbert Saurugg liefert einige Anregungen zu diesem Thema, es lohnt sich auf jeden Fall, dort einen Blick hinein zu werfen.
Für Übungen eignet sich der regelmäßig deutschlandweit stattfindende T-Day sehr gut.