Angeregt durch einige andere, bereits bestehende Bürgernotfunk-Projekte in Deutschland soll in Wietstock (Ludwigsfelde) ein Bürgernotfunk-Netz unter Einbeziehung lizenzfreier Funkanwendungen und des Amateurfunks entstehen, das im Falle größerer Schadensereignisse oder Katastrophen den Bewohnern dabei unterstützen soll, die Selbsthilfe zu organisieren.
Ulrich Schniedertöns war von der Idee des Bürgernotfunks so angetan, dass er einige, in anderen Teilen Deutschlands bereits umgesetzten, Konzepte zum Thema Bürgernotfunk aufgriff und diese nun in Wietstock umsetzen möchte. Dabei erhält er unter anderem Unterstützung von Funkamateuren und anderen an Funk und Katastrophenschutz interessierten Menschen.
Wietsock ist ein Ortsteil der im brandenburgischen Landkreis Teltow-Fläming gelegenen Stadt Ludigsfelde. Auf rund 10 km2 leben etwas mehr als 350 Einwohner. Zusammen mit den angrenzenden Stadtteilen (Kerzendorf, Löwenbruch, Groß Schulzendorf und Märkisch Wilmersdorf) könnten insgesamt über 1600 Bürger von dem Projekt profitieren.
Das Ziel den Einwohnern bei einem Ausfall des Mobilfuknetzes während einer länger anhaltenden Krisensituation (z.B.: Folge von Blackout oder Naturkatastrophe), eine alternative Kommunikationsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen und somit die Organisation notwendiger Selbsthilfe zu unterstützen, soll durch folgende Maßnahmen sichergestellt werden:
Errichten und Betreiben eines oder mehrerer Funk-Relais
Für den Bürgernotfunk sollen handelsübliche, frei käufliche und für jedermann frei verwendbare Funkgeräte genutzt werden können. Das wären dann PMR446-, Freenet oder CB Funkgeräte. Die Reichweite der ersten beiden Funkanwendungen liegt auf freien Flächen bei vielleicht 2-3 Kilometern und bei bebauten deutlich niedriger. Auch ein dichter Wald, der zwischen Sender und Empfänger liegt, kann die Reichweite deutlich reduzieren.
Möchte man dennoch mit diesen Geräten eine größere Strecke überwinden, kann man sogenannte Funk-Relais aufbauen und einsetzen. Dieses Relais sollte möglichst zentral im zu versorgenden Gebiet an erhöhter Position aufgebaut sein. Das Relais senden dann Signale, die es auf einer zuvor festgelegten Frequenz (Kanal) empfängt auf einer anderen Frequenz (Kanal) zur gleichen Zeit wieder aus. Dadurch können Funkteilnehmer, die sich sonst nicht direkt empfangen könnten, miteinander kommunizieren.
Bürgernotfunk mit PMR446 – Relais
Das könnte in der Praxis bei der Funkanwendung PMR446 zum Beispiel so aussehen:
Das Relais empfängt Signale auf der zum Kanal 16 gehörenden Frequenz und leitet diese dann auf der Frequenz von Kanal 1 weiter.
Nutzung mit zwei Handfunkgeräten
Um dieses Relais nutzen zu können benötigt man entweder zwei Handfunkgeräte, wobei eines auf Kanal 1 und das zweite auf Kanal 16 eingestellt ist. Sendet man nun auf Kanal 16 eine Nachricht, wird diese an das Relais übermittelt, welches das empfangene Signal auf Kanal 1 wieder aussendet. Das zweite Handfunkgerät (Kanal 1) empfängt nun die Aussendung des Relais.
Hört sich vielleicht ein wenig kompliziert an. In der Praxis wäre es auch ein wenig umständlich, mit zwei Funkgeräten unterwegs sein zu müssen. Eines zum Empfangen und eines zum Senden.
Nutzung des Bürgerfunk-Relais mit einem Handfunkgerät
Stattdessen könnte man zum Empfangen immer auf Kanal 1 schalten und nur dann auf Kanal 16, wenn man eine Mitteilung versenden möchte – und dann nach Absenden der Nachricht wieder zurück auf Kanal 1.
Naja, auch diese Version ist etwas umständlich – oder?
Weitere Möglichkeit der Nutzung des Bürgernotfunk-Relais mit einem Handfunkgerät
Deshalb wäre es wichtig, dass die verwendeten Funkgeräte programmierbar wären. Und zwar so, dass man auf einer Kanaleinstellung die Frequenz für Senden und Empfangen getrennt programmieren kann.
Wenn dann der Kanalwahlschalter z.B. auf Kanal 1 steht, sendet das Gerät auf der Frequenz für Kanal 16 und empfängt auf der Frequenz von Kanal 1. Dadurch würde die oben beschriebene Umschaltung sozusagen automatisch geschehen. Der Benutzer würde das dann nicht merken.
Wegen des geringen Frequenzabstandes ist es allerdings nicht ganz einfach, ein solches Relais aufzubauen und zu betreiben. Darauf soll hier aber nicht näher eingegangen werden, da müssen sich andere drum kümmern. Wenn es dann aber technisch funktioniert, treten die oben beschriebenen Probleme bei den Handfunkgeräten der Bürger auf, die es zu beachten und zu vermeiden gilt.
Im Zuge des Aufbaus des Bürgernotfunk-Netzes sollen Relais für jede eingesetzte Funkanwendung entstehen.
Automatische Ansagen über Funk
Zusätzlich zu den oben beschriebenen Funk-Relais sollen Funk-Baken aufgebaut werden, die im Ernstfall über die aktuelle Lage informieren und Mitteilungen zu der Nutzung verschiedener Frequenzen und der Relais automatisch in voreingestellten Intervallen über Funk aussenden. Auch diese Baken sollen auf erhöhter zentraler Position aufgebaut werden.
Siehe auch: (Bake selbst gebaut: Automatische Ansagen im Notfunk)
Schnittstellen zu Behörden und Hilfsorganisationen
Damit nicht nur Selbsthilfe organisiert werden, sondern auch Hilfe angefordert werden kann, werden Schnittstellen zu Behörden und Hilfsorganisationen eingerichtet. Vereinfacht kann man sich das in etwa so vorstellen: Im Ernstfall schnappt sich ein vorher benannter Helfer seine portable Funkausrüstung und begibt sich damit zum Beispiel zur Unterkunft der freiwilligen Feuerwehr. Dort baut er seine Anlage auf und hört die vorher festgelegten Notruffrequenzen ab, um bei Empfang entsprechender Nachrichten diese direkt weiterzuleiten.
Aufklärung der Bevölkerung über vorhandene und geplante Aktionen
Nachdem einige freiwillige Helfer gefunden und ein funktionierendes Netz für den Notfall aufgebaut wurde, werden die Bürger darüber ausführlich informiert und ggf. auch mit entsprechend programmierten Geräten zur Nutzung der Funk-Relais ausgestattet.
Regelmäßige Übungen des Bürgernotfunk
Ist so ein Netz erstmal aufgebaut, muss es natürlich auch regelmäßig getestet werden. Nun kann man das in regelmäßigen Abständen im Rahmen einer Übung tun oder das Netz einfach auch im Alltag nutzen, auch wenn unter “Normalbedingungen” die Schnittstellen zum Behörden und Hilfsorganisationen nicht besetzt wären, könnte dieses Netz auch im Alltag sicher gute Dienste leisten. So würde in Nichtkrisenzeiten aus einem Bürgernotfunk-Netz ein Bürgerfunk-Netz entstehen.